28. August 2021
Franziska Espeter wird Deutsche Vizemeisterin im Treppenlauf. Sechs Wittgensteiner erklimmen den KölnTurm
Köln. Eigentlich neigten sich die Wochenendplanungen schon dem Ende, als Franziska Espeter und ihr Freund Timo Böhl am vergangenen Samstag in ihrer Bad Laaspher Wohnung saßen. Doch bevor dem Folgetag ein unsportliches Ende drohte, klickten sich die beiden Sportbegeisterten um zehn Uhr abends durch die Homepage des Kölner Treppenlaufs und meldeten sich spontan für Sonntag an. „Wir haben da ab und zu mal drüber geredet, doch dabei auch gedacht: Treppenläufe? Was sind denn das für Verrückte? Sowas machen wir nicht! Aber da ein Triathlon für Timo kurzfristig ausfiel, haben wir uns einfach in letzter Minute ange- meldet“, erzählt Espeter. Für zusätz- lichen Ansporn sorgte, dass der Kölner Treppenlauf in diesem Jahr gleichzeitig Austragungsort der Deutschen Meisterschaften im Treppenlauf-Einzel war.
Und trotzdem: die selbstständige Fitnesstrainerin Espeter hat zwar auch schon den Mühlenkopf-Kraxler zur Willinger Skisprungschanze mitgemacht, doch ein Treppenlauf ist für sie absolutes Neuland. Ahnungslos werden hastig Videos im Internet gesucht, um eine Vorstellung von Taktik und Rahmenbedingungen zu erhaschen. Vor allem fragt sich Espeter, ob sie ihre Beine bei solch einer kurzen, aber intensiven Strecke zunächst schonen soll oder nicht. Zehn Stunden später stehen Espeter und Böhl vor dem „KölnTurm“ und greifen nach ihren Startnummern. Im höchsten Bürogebäude Kölns und dem zweithöchsten Hochhaus Nordrhein- Westfalens warten 39 Etagen, 714 Stufen und 132 Höhenmeter.
Guter Rhythmus, dünne Luft
Alle dreißig Sekunden wird gestartet, wer im Treppenhaus überholt wird, muss den vorbeihuschenden Läufer auf der Innenseite passieren lassen. Schon nach wenigen Teil- nehmern wird klar, dass es nahezu jede Herangehensweise gibt, um das Podium von oben zu sehen. Die einen laufen nicht, sondern gehen zügig und ziehen sich mit den Hän- den am Geländer hoch, andere nehmen joggend zwei statt einer Stufe, wieder andere starten im Sprint und hoffen auf wenig Leid am Ende. Espeter schaut dem Treiben aufmerksam zu, während sie sich draußen warmläuft, um die Muskeln auf Temperatur zu bringen.
Die Etagen sind im Turm von eins bis 39 beschriftet, psychologisch kann das je nach Befinden Himmel und Hölle bedeuten. Espeter startet ohne Hilfe des Geländers munter drauf los, ehe sie in Etage sieben denkt: „Ach du Scheiße.“
Doch ihre Entscheidung, jede Stufe zu nehmen und dadurch einen für sie passenden Rhythmus zu bewahren, entpuppt sich als goldrichtig: „Ich konnte auf diese Weise durchlaufen, aber von Stockwerk zu Stockwerk gelangte dann immer weniger Luft in die Lunge. Der Hals begann zu brennen und es wurde immer wärmer.“
Oben angekommen, torkelt Espeter zunächst in den falschen Raum, bevor sie dann auf einer Matte zusammensackt und sich über die frische Luft durch aufgestellte Ventilatoren freut. „Da saß ich erstmal und dachte nur: krass! So kurz, so anstrengend! Vor allem hatte ich nicht mit einer solchen Laktatbildung in den Beinen gerechnet.“
Vier Wittgensteiner in den Top 20
Espeter, gestartet für den TV Laasphe und die LG Wittgenstein, schaffte den „KölnTurm“ in 4:52 Minuten und belegte damit den dritten Platz bei den Frauen sowie den 17. Rang in der Gesamtwertung. In ihrer Altersklasse wurde sie deutlich Erste, knapp zwei Minuten Vorsprung konnte sie in dieser Wertung verzeichnen. Und dem nicht genug. Mit dem Fahrstuhl wieder unten angekommen, gratulierte man ihr obendrein zum zweiten Platz bei der deutschen Meisterschaft, da mit Kamila Chomanicova als Zweitplatzierte der Gesamtwertung eine Slowakin startete.
Timo Böhl legte mit 4:05 Minuten einen beachtlichen siebten Rang bei den Männern hin, war damit aber nur Zweiter in der „Wittgenstein-Wertung“ – um einige Hundertstelsekunden hinter Max Bernshausen. Der Skilangläufer des SC Rückers- hausen war übrigens der schnellste Läufer im Ziel, der kein Treppenlaufspezialist war – die Top Fünf machte der Verein „Towerrunning Germany“ unter sich aus.
Der für den VfL Bad Berleburg angetretene Till Hartmann belegte den 13. Platz (4:34 Minuten). Unter den insgesamt 136 Teilnehmern schafften es somit vier Wittgenstei- ner unter die Top 20. Mit Stefan Bitter (M55, LG Wittgenstein, 6:53 Minuten) auf Platz 74 und Christoph Hassler (M40, FC Weidenhausen, 6:58 Minuten) auf Platz 76 rannten noch zwei weitere heimische Läufer den Turm hinauf.
Artikel der Westfalenpost
Bericht: Heiko Rothenpieler
Foto: Privat